Xenophons 1. Ausbildungs-Grundsatz:

Dein Pferd sei zuverlässiger Freund. Nicht Sklave!

Hieraus ist nun mein Buch entstanden.        

Daher nun ein kleiner Auszug daraus:

 

(...)

Ich stell mir das in etwa so vor: Ich hatte einen richtig miesen Tag und fühle mich entsprechend. Der er­ste Lichtblick des Tages, meine Freundin taucht auf. Ich freue mich auf die gemeinsame Zeit, das Gefühl der Vertrautheit und vielleicht auf einen schönen, entspannenden Spaziergang. Aber sie verkündet, dass wir jetzt ins Kino gehen. Ich versuche ihr klar zu machen, wie es mir geht, aber sie hört mir nicht zu. Sie wiederholt immer und immer wieder, dass wir jetzt ins Kino gehen. Als ich immer weiter versuche mich ihr mitzuteilen, erhalte ich einen kleinen Klaps von ihr. Sie brüllt „du gehst jetzt ins Kino“, stülpt mir die Jacke über und zerrt mich am Kragen aus der Wohnung. Okay, meine ursprüngliche Frustration wird nun von meiner Wut überdeckt und ich habe ein neues Problem: Ich brauche dringend eine neue Freundin.

Wir bekommen beigebracht, so – oder so ähnlich – unsere Pferde zu behandeln. Wenn wir im Stall ankommen, haben diese zu funktionieren. Es gibt Standardaussagen, die man fast immer und überall zu hören bekommt. Da sie jeder kennt erwecken sie den Eindruck ewige, allgemeingültige Wahrheiten zu beinhalten. Wer hat diese nicht schon gehört und auch selbst benutzt: „Du musst dich schon durchsetzten“, „der Braune verar…t dich doch“ (Entschuldigung, aber das entspricht der Realität), „der hat einfach keine Lust“, „mach den mal frisch“, „der ist nur stur“ und noch viele mehr.

Diese immer wiederkehrenden Aussagen machen es äußerst schwierig, das Pferd als Freund wahrzunehmen. Gleichermaßen ungünstig ist dabei, dass diese Sprüche nicht nur das Pferd betreffen. Darin steckt auch immer, dass wir uns selbst einer Erwartungshaltung unterwerfen. Warum? Wem gegenüber sind wir eigentlich verpflichtet?

Hand aufs Herz, das kennt doch jeder. Man kommt in den Stall und schon beim Putzen merkt man, das etwas nicht stimmt. Das Pferd ist unruhig und ange­spannt und man hat schon so ein Gefühl, dass das heute nichts Gutes wird. Trotzdem ziehen wir die übliche Nummer durch und am Ende sind alle frustriert. Wenn es richtig schlecht läuft, meinen wir uns auch noch vor anderen rechtfertigen zu müssen.

Was würde den passieren, wenn wir einfach Rücksicht nehmen? Anstatt hektisch das Putzen zu beenden, dehnen wir diesen Vorgang aus, mit immer ruhiger werdenden Bewegungen. Untersuchungen haben ergeben, dass sich durch das Putzen am Mähnenkamm und Widerrist die Herzfrequenz – definitiv beim Pferd, vielleicht sogar bei uns - senkt. Das können und sollten wir nutzen. Im Sattel verlangen wir nur entspannten Schritt am langen Zügel. Wenn das Pferd nach ein paar Runden schnaubt und ruhig geht, zaubert uns dies ein breites Grinsen ins Gesicht. Wir freuen uns und steigen ab.

Ja, es ist erlaubt sich darüber zu freuen. Tut es, ihr habt etwas wirklich Großes erreicht: Ihr habt euch als wahrer Freund erwiesen. Wenn jetzt jemand meint euch angreifen zu müssen – so im Sinn: „Das wahr ja wohl Nichts“ -, dann lächelt und antwortet: „Wieso? Wir hatten Spaß!“ und fertig.

Wie wäre wohl die Geschichte mit der kinowütigen Freundin ausgegangen, wenn diese mich in den Arm genommen, sich zu mir gesetzt und nachdem ich „Dampf abgelassen“ hatte, mit einem Lächeln gegangen wäre?

Ursprünglich hatte ich den Eindruck, dass man alle weiteren Leitsätze auch unter dieser Überschrift zusammen fassen kann. Jetzt wird mir bewusst, dass dieser Leitsatz die Voraussetzung für alle anderen ist.

Erst wenn ich es schaffe meine Einstellung zu ändern, habe ich die Möglichkeit einen neuen Weg einzuschlagen. Der Effekt ist dann nicht nur, dass ich das Pferd aus der Versklavung hole, sondern auch mich befreie, aus der Unterwerfung unter die Ansprüche Dritter.

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